Projektmanagement von IT Großprojekten

Neue Ansätze im Projektmanagement von IT Großprojekten

Jede IT-Führungskraft hat mit der Implementierung von IT Großprojekten zu kämpfen. Studien zeigen immer wieder auf, dass zwei von drei großen Programmen regelmäßig das ursprüngliche Budget nicht halten, den Zeitplan verfehlen und nach langer Zeit der Umsetzung hinter den Zielen und Erwartungen der Anwender zurückbleiben. Häufig um ein Vielfaches.

Diese Verfehlungen sind für die Unternehmen besonders nachteilig, da große Programme in der Regel von entscheidender Bedeutung sind. Ob es sich um eine weltweite Konsolidierung der ERP Systeme handelt, die systemseitige Harmonisierung von Betriebsabläufen, oder die standortübergreifende Verschmelzung von Finanzdaten.

Eine Reihe neuer Methoden und Tools, die in den letzten Jahren entstanden sind, können die Umsetzung großer Programme erheblich verbessern. In Kombination mit einem disziplinierten und erfahrenen Projektmanagement können die Erfolgsquoten komplexer großer Technologievorhaben deutlich gesteigert werden.

Wir zeigen Ihnen nachfolgend, wie das Programm Management mit Hilfe moderner und teilweise digitaler Anwendungen unterstützt werden kann. 

Nutzung agiler Methoden

Selbst Unternehmen, die sich der agilen Entwicklung verschrieben haben, sträuben sich oft dagegen, agile Methoden für große Programme einzusetzen. Dabei geht es nicht um ein Schwarz-Weiß Denken, entweder agil oder nicht, sondern vielmehr die vorteilhaften Komponenten des agilen Management für sich zu nutzen. Diese sind aus unserer Erfahrung:

  1. Klare Produktverantwortung
  2. Priorisiertes Product Backlog
  3. Roadmaps basierend auf Sprints
  4. Kleine funktionsübergreifende Teams
  5. Iterative Releases mit Timebox-Sprints
  6. Modulare Architektur
  7. Nutzung von Objectives and Key Results (OKRs)
  8. Minimal Viable Products (MVP) als erster großer Meilenstein

Eine agile Denkweise fördert auch die Bereitschaft der Mitarbeiter im Projekt, enger zusammenzuarbeiten, ein mögliches Silo-Denken aufzubrechen, auf Veränderungen schneller zu reagieren, und immer wieder zu testen und dazuzulernen.

Der Nutzen agiler Methoden auch in Großprojekten bringt einige Vorteile mit sich. Auch die Umstellung bereits länger laufender Programme auf agile Entwicklung zahlt sich – trotz des späten Zeitpunkts der Umstellung – aus:

  • Schneller zu sichtbaren Ergebnissen
  • Geringere Frustration bei Benutzern
  • Weniger Fehler im System
  • Bessere Zusammenarbeit verschiedener Anbieter
  • Einbindung auch kleinerer Entwicklerfirmen statt eines großen Systemintegrators
  • Steigerung der Produktivität
  • Höherer Liefergeschwindigkeiten

 

Einsatz von Design Thinking

Viele große Programme erfüllen zwar die funktionalen Anforderungen, nicht aber die wahren Bedürfnisse der Benutzer. Um die Anforderungen der Nutzer zu treffen, kommt Design Thinking zum Zuge. Hierbei handelt es sich um eine Methode der Problemlösung, die hilft Produkte und Funktionen zu liefern, die von den Benutzern gewünscht und benötigt werden und die daher eher genutzt werden. Ein weiterer Vorteil sind Einsparungen, da die Teams nur die Funktionen entwickeln, die wirklich benötigt werden.

Bei großen Programmen beginnt das Design Thinking mit der Ermittlung der Nutzeranforderungen, durch eine Mischung aus quantitativer Umfrage und qualitativer Forschung. Auf diese Weise erhält man ein klares Bild davon, wie die User das Produkt nutzen wollen, welche Erfahrungen sie bisher machen und welche Bedürfnisse bisher nicht erfüllt werden. Es wäre in einem langläufigen Programm ein Fehler dies als einmalige Aktion zu betrachten. Vielmehr braucht es eine regelmäßige und intensive Einbindung der Benutzer während der gesamten Programmlaufzeit, beispielsweise bei der Erstellung von Prototypen und bei Benutzertests. Wie Design Thinking funktionieren kann, soll die Gegenüberstellung mit dem tradtionellen Ansatz verdeutlichen.

Im traditionellen Ansatz würde man mit der Sammlung von Anforderungen aus F&E, Produktion, Vertrieb und Kundendienst beginnen. Diese Sammlung erfolgt häufig isoliert voneinander und dann in einem Pflichten- und Lastenheft festgehalten. Dies ist meist so komplex, dass ein Review durch die Fachabteilung mehr oder weniger errfolgt.

Im Rahmen von Design-Thinking-Prinzipien dagegen, finden funktionsübergreifende Workshops und Interviews statt, um aktuelle Probleme und Anforderungen gemeinsam zu sammeln. Dabei kann heute der Einsatz eines „digitalen Zwillings“ (Digital Twins) zielführend sein. Dabei handelt es sich um eine digitale Simulation eines Ablaufs am Computer. Dies ermöglichte es den Beteiligten, Probleme und erforderliche Interaktionen, leichter zu identifizieren. Es kommt somit zu einem frühzeitigen Informationsaustausches zwischen den betroffenen Fachabteilungen, Nutzern, Zulieferern, Anbieter und Entwickler. Das Verständnis für die wahren Anforderungen wird einerseits bei allen geschaffen, und andererseits legt man die Basis für eine enge und erfolgreiche weitere Zusammenarbeit im Programmverlauf. Dieser Ansatz beschleunigt auch die Freigabe von Funktionen und erleichtert Priorisierung des Anforderungen im Product Backlog durch den Product Owner.

 

Cloud-basierte Dienste

Viele Führungskräfte neigen dazu, die Vorteile der Cloud auf Effizienzgewinne beim Infrastrukturmanagement zu reduzieren. Welche Möglichkeiten jedoch in Cloud Diensten stecken, kann man auch in Anwendung bei komplexen Großprojekten erkennen. Die Funktionen, die viele Cloud-Service-Provider anbieten, geben Programmleitern die Flexibilität in der Bereitstellung verschiedener Umgebungen. Durch Cloud Lösungen ist die Skalierung der Entwicklungsumgebungen innerhalb kurzer Zeit möglich, und erlaubt somit ein Prototyping oder die Erprobung neuartiger Lösungen in kurzer Zeit. Auch die Erstellung von Projektberichten, die meist ressourcen- und zeitintensiv ist, kann mit Hilfe der Cloud viel schneller erfolgen.

Auf Seiten der Softwareentwicklung kann die Nutzung einer Platform-as-a-Service (PaaS)-Lösung die Produktivität deutlich steigern und den Zugang zu Tausenden von innovativen Diensten ermöglichen.

Aber nicht nur während der Projektrealisierung kann die Cloud sinnvoll eingesetzt werden, auch schon bei der Festlegung der grundsätzlichen Lösungsarchitektur ergeben sich heute mit zahlreichen Cloud-Diensten neue Optionen. Die Entscheidung für eine Software-as-a-Service (SaaS)-Lösung kann beispielsweise den Aufwand einer individuellen Entwicklung vermeiden und zu einer gleichwertigen Lösung führen, die auch noch einfacher zu warten ist.

 

Flexibler durch Microservices und modularer Komponenten

Viele Unternehmen gehen zu modulareren, flexibleren Architekturen über, die die Einbindung zum Beispiel von Microservices ermöglicht. Dieser Schritt ermöglicht es Unternehmen auf mehrere Anbieter in einem Programm zu setzen und damit die Abhängigkeit von nur einem großen Implementierungsparter zu reduzieren. Damit löst man auch eines der größten Probleme im Management großer Programme: bei Lösungen mit nur einem Anbieter ist es fast unmöglich, einen ständigen Kostendruck auszuüben, da in Festpreisverträgen oft ein erheblicher Risikozuschlag enthalten ist und Änderungsaufträge üblich sind. Andererseits schaffen Verträge nach Time and Material Anreize für Anbieter, Programme zu verlängern oder zu erweitern und so ihre Einnahmequellen zu vergrößern.

Modulare Architekturen erlauben Auftraggebern einerseits wie erwähnt die Zusammenarbeit mit mehreren Anbietern, andererseits können einzelne Anbieter bei Bedarf ausgetauscht werden können. Arbeiten nun mehrere Entwicklungsfirmen im Programm mit, so können diese in jeder Projektphase entweder gegeneinander antreten oder erhalten jeweils kleinere Arbeitspaketen (Microservices), z. B. Front-End-Designs oder Entwicklungs- und Testdienstleistungen. Im Laufe des Programms können dann die leistungsstärksten Anbieter – die gleichbleibend kompetente Mitarbeiter zu angemessenen Kosten einbringen – den Zuschlag für einen größeren Teil der Arbeit erlangen.

 

Fazit

Großprojekte in der IT stellen Führungskräfte in Unternehmen immer noch vor immensen Herausforderungen. Deren Umsetzung wirkt sich auf die Unternehmenstätigkeiten erheblich aus. Nicht zuletzt beanspruchen solche Programme massive Budgets über mehrere Jahre hinweg, binden eine Vielzahl an Mitarbeitern im Unternehmen und sind entscheidend für die Karriere vieler Führungskräfte, die im Projekt eingebunden sind. Ob nun solche Programme erfolgreich sind, hängt sicherlich zu einem großen Masse von den Führungsqualitäten der handelnden Personen ab. In den letzten Jahren haben sich jedoch neue Ansätze entwickelt und es sind technische Möglichkeiten hinzugekommen, auf die Projektverantwortliche zugreifen können. Wer diese Möglichkeiten nutzt und für sich im Programm einsetzt steigert deutlich die Erfolgswahrscheinlichkeit komplexer Projekte. Am besten Sie besprechen einmal mit den Projektbegleitern von Arentzen & Partner, inwieweit die vorgestellten Ansätze auch Ihnen und Ihr Vorhaben nutzen könnte. Nehmen Sie Kontakt mit uns auf!

 

Verwendete Bilder:

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